Über mich

Mein Lebenssinn besteht darin, das Leben so anzunehmen, wie es ist – ihm mit Achtsamkeit zu begegnen und all seine Facetten zu erleben: Glück und Leid, Freude und Traurigkeit, Ängste und Hoffnung. Für mich bedeutet das, das Leben in seiner ganzen Tiefe zu erfahren. Ein Teil davon ist meine Neigung zu den Spielarten des BDSM. Dieser Blog spiegelt all das wider, was mich bewegt – viele Einträge widmen sich dem Thema BDSM, aber längst nicht alle, denn BDSM ist ein Teil meines Lebens, jedoch nicht das gesamte Leben. Hier geht es um den Balanceakt zwischen den intensiven Gefühlen, die BDSM hervorrufen kann, und den einfachen, oft unbeachteten Momenten des Alltags. Um alles, was das Leben ausmacht – von Leidenschaft, Kontrolle und Hingabe bis zu den leisen, stillen Augenblicken, die uns oft erst auf den zweiten Blick berühren. Ich lade dich ein, dich hier umzusehen und hoffe, dass du dich willkommen fühlst.

Freitag, 27. März 2020

Systemrelevanz


Systemrelevanz

Für mich ist der Begriff bereits jetzt ein heißer Kandidat für das Unwort des Jahres. Es mag gut gemeint sein, den Kranken- und Altenpflegern, Ärzten, Kassierern an Supermarktkassen, Bäckern, Metzgern und vielen anderen diesen Status zuzuerkennen. Doch es ist bedauerlich, dass erst eine Pandemie erforderlich ist, damit weite Teile der Bevölkerung die Bedeutung dieser Berufe erkennen. Ich hoffe, dass in naher Zukunft mehr bleibt, als das Wissen, in Krisenzeiten „systemrelevant“ gewesen zu sein. Insbesondere wünsche ich mir eine leistungsgerechte und attraktive Entlohnung, die auch dazu beitragen könnte, den bestehenden Personalnotstand in diesen Bereichen zu lindern.

Trotzdem fällt es mir schwer, mit dem Begriff „Systemrelevanz“ umzugehen, da er auf mich wie ein gesellschaftspolitischer Spaltkeil wirkt – in Zeiten, in denen wir ohnehin Abstand halten müssen. Diese Berufsgruppen sind wichtig, aber sie waren es schon immer: Ärzte, Pflegekräfte, Kassierer und viele andere. Derzeit sind sie vielleicht wichtiger als etwa die Menschen an den Montagebändern in der Industrie. Gerade jetzt, in Zeiten der Überlastung, sollten wir ihnen unsere Dankbarkeit zeigen – nicht zuletzt, indem wir durch unser Verhalten nicht noch mehr Arbeit für sie schaffen.

„Systemrelevant“ ist jeder von uns, mal ist der eine mehr gefragt, mal der andere. Jeder von uns entscheidet mit seinem Handeln, ob er das Getriebe schmiert oder Sand hinein streut. Bald schon wird die Produktion wieder an Fahrt aufnehmen, und die Menschen am Fließband werden ihre Relevanz zurückerlangen, um unsere Wirtschaftsleistung anzukurbeln, die Kranken- und Pflegekassen zu finanzieren, das Gesamtsystem zu stärken und vielleicht sogar eine gerechtere Entlohnung für soziale Berufe zu ermöglichen.

Übrigens bin ich persönlich nicht systemrelevant, arbeite jedoch (nach einem mir von unserer Geschäftsleitung übergebenen Schreiben) „als Schlüsselperson“ in einem „nach § 8 der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem Gesetz für Sicherheit und Informationstechnik, Sektor Transport und Verkehr“ als systemrelevant eingestuften Unternehmen und trage ein entsprechendes Schriftstück bei mir, das ich bei Kontrollen (sollte es zu weiteren Maßnahmen kommen) vorlegen muss.

Mittwoch, 18. März 2020

Auch von mir etwas zum Virus





Wie verändert das Coronavirus euer Leben?

Diese Frage wurde vor einigen Wochen in einem Internetforum gestellt. Vermutlich war der Themenstarterin und den ersten Antwortenden damals noch nicht klar, wie sehr und wie schnell diese Krankheit unser aller Leben verändern würde – und weiterhin verändert. Mit einer beängstigenden Eigendynamik zieht das Virus seine Kreise, hinterlässt nachhaltige Spuren und zwingt die Welt zu einem Umdenken.

Doch ich möchte heute nicht über Ängste, Sorgen oder Horrorszenarien sprechen. Es steht außer Frage, dass die Lage ernst ist. Die Zahl der Infizierten und der Todesfälle steigt weiter. Unternehmen und Existenzen sind bedroht, und die wirtschaftlichen Schäden sind immens. Vielleicht stehen uns auch in Deutschland noch drastischere Maßnahmen bevor – Ausgangssperren oder ähnliche Einschränkungen, die darauf abzielen, die Infektionsketten zu unterbrechen.

Unsere bisherige Gesellschaft schien sich stets dem Motto „schneller, höher, weiter“ verschrieben zu haben. Selbst in Krisenzeiten haben wir die Ärmel hochgekrempelt und angepackt. Ob es sich um die Ereignisse von 9/11, die Finanzkrise oder die Flüchtlingsthematik handelte – unser Credo lautete stets: „Wir schaffen das.“ Und wir haben es geschafft, indem wir gehandelt haben, aktiv wurden, Lösungen gefunden haben.

Doch die jetzige Situation ist anders. Es ist keine Krise, die von einem einzigen Ereignis ausgelöst wurde und die wir danach aufräumen können. Es ist ein schleichender, globaler Prozess, dem wir weitgehend tatenlos zusehen müssen. Außer den vielen Ärzten, Pflegekräften und anderen systemrelevanten Berufsgruppen, die ohnehin schon am Limit arbeiten, sind viele von uns zum Nichtstun verdammt. Unsere Aufgabe besteht darin, geduldig zu sein, die bekannten Hygieneregeln zu beachten und zu warten.

Geduldiges Nichtstun – das widerspricht unserem Selbstbild als Leistungsgesellschaft zutiefst. Und so „tun“ wir etwas: Wir stürmen die Supermärkte, kaufen panisch ein, horten Toilettenpapier und Mehl, während uns die gewohnten Freizeitbeschäftigungen auf Sportplätzen, in Bars oder beim Stammtisch genommen werden. Aber Hand aufs Herz: Menschen, deren Sicherheitsgefühl von der Anzahl der Klopapierrollen in ihrem Vorratsschrank abhängt, können nicht wirklich in existenzieller Not sein.

Vielleicht können wir dem Virus eine Chance geben, uns etwas Positives zu lehren. Es hat das Potenzial, die Welt zu verändern – und muss sie dabei nicht zwangsläufig schlechter machen. Dieses kleine, unsichtbare Etwas zeigt uns, wie eng wir alle miteinander verbunden sind und wie gleich wir ihm gegenüberstehen. Ob reich oder arm, Migrant oder Rechtsextremist – dem Virus ist es egal. Es macht keinen Unterschied.

Langsam begreifen wir, dass wir füreinander verantwortlich sind. Und mit etwas Aufmerksamkeit kann man in diesen Tagen sogar ein wiederkehrendes Wir-Gefühl erkennen – etwas, das in den letzten Jahren in unserer oft egoistischen und polarisierten Gesellschaft selten geworden war. Plötzlich organisieren Menschen Einkaufsdienste für ältere Nachbarn, kleine Geschäfte bieten Lieferdienste an, Eltern vernetzen sich und sprechen über Kinderbetreuung.

Auch mein Arbeitgeber, der Homeoffice und flexible Arbeitszeiten bislang strikt abgelehnt hatte, bietet diese Möglichkeiten nun aus eigener Initiative an – natürlich aus der Not heraus, aber es zeigt, dass Veränderung möglich ist. Und vielleicht, wenn wir Glück haben, wird auch der Pflegenotstand langfristig von dieser Krise profitieren. Es wird vielen gerade schmerzlich bewusst, dass ein funktionierendes Gesundheitssystem ebenso unverzichtbar ist wie Bildung – nicht nur in Krisenzeiten, sondern für den gesamten sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt.

Dennoch: Niemand ist zum Nichtstun verdammt. Für diejenigen, die zu Hause bleiben müssen, gibt es genug sinnvolle und schöne Möglichkeiten. Der Frühling wartet draußen, Spaziergänge sind erlaubt. Jetzt wäre die Zeit für einen gründlichen Frühjahrsputz, die längst fällige Steuererklärung oder den Anruf bei der Freundin, bei der man sich schon lange mal melden wollte. Man könnte Zeit mit den Kindern verbringen, ein gutes Buch lesen, ein Puzzle legen oder ein neues Gesellschaftsspiel ausprobieren.

Denn, seien wir ehrlich: Wenn sich diese Einschränkungen über Wochen oder Monate ziehen, wird uns kein Klopapier der Welt helfen, unsere Langeweile zu bekämpfen. Vielleicht sollten wir also lieber in Bücher und Brettspiele investieren – bevor auch diese Läden schließen.

Ich wünsche uns allen Gesundheit und den Mut, diese schwierige Zeit mit Zuversicht und Zusammenhalt zu überstehen.