Gern wird im Kontext von BDSM von Machtübergabe oder Kontrollabgabe gesprochen, von der Kontrolle oder dem Besitz von Macht. Obwohl sich dies in der Außenwahrnehmung so darstellen mag, spielt sich für mich persönlich das Wesentliche dieses Themas hauptsächlich im Kopf und in der Gefühlswelt ab.
Solange wir, und das sollte immer der Fall sein, nach den Prinzipien des SSC (Safe, Sane, Consensual) handeln, steht die Einvernehmlichkeit im Vordergrund. Grenzen und Tabus sind klar definiert, bekannt und akzeptiert.
Ich habe weder die Macht, über sie zu herrschen, noch möchte ich dies. Vielmehr habe ich die (temporäre – und dies kann Stunden, Tage, Wochen oder Monate sein) Erlaubnis, sie zu „bespielen“, sie zu dominieren. Letztlich jedoch hat sie die Macht, das Arrangement jederzeit zu beenden.
Sie gibt mir keine Macht, sondern ein viel größeres und kostbareres Geschenk: Vertrauen. Vertrauen, das ich mir durch respektvollen und achtsamen Umgang mit ihren Gedanken, Wünschen und Träumen erarbeitet habe, durch Einfühlungsvermögen und Empathie. Einfach dadurch, dass ich derjenige bin, dem sie vertraut.
Wäre es Macht, die ich über sie besäße, könnte ich mit ihr tun, was ich möchte. Aber zum Glück ist Sklaverei weitgehend abgeschafft. Selbst in D/s-Beziehungen, in denen sie sich als Sklavin ihres Herren versteht, hat sie immer die Möglichkeit, das Verhältnis zu beenden und ihm die „geliehene Macht“ zu entziehen.
Die einzige Macht, die ich über sie besitze, besteht darin, (solange ich diese nicht missbrauche), immer wieder das Verlangen in ihr zu wecken, sich mir unterwerfen zu wollen. Sie vertraut mir so sehr, dass sie mir ihr Verlangen und ihre Bedürfnisse anvertraut. Weil sie sich in meinen Fesseln frei und geborgen fühlt. Weil es sich für sie gut anfühlt, dass meine Schläge ihr die Last von der Seele nehmen, vielleicht auch Lust wecken, weil sie ihren Körper spürt, im Hier und Jetzt ist und dem Alltag entfliehen kann – auf diese Weise Kraft und Energie tankt.
Kürzlich sprach ich in einem Gespräch darüber, was man als dominierende Person davon hat, zu dominieren, wenn es nicht als sexuell stimulierendes Vor-, Zwischen- oder Nachspiel verstanden wird.
Ich würde es in gewisser Weise als eine Art Stolz bezeichnen, das Vertrauen zu haben, dass sie mir dieses Erlaubnis gibt. Schließlich lässt sie nicht einfach irgendjemanden an ihren Körper, an ihren Hintern. Es ist vielleicht auch ein wenig das Alphamännchengehabe, das Gefühl, aus der Menge der Bereitwilligen der Auserwählte zu sein – wohl wissend, dass sie jederzeit die Macht der Neuwahl hat.