Es sollte eigentlich nicht passieren, und doch überrascht es mich nicht mehr, wenn ich heute Werbung für Digitalkameras in meinem Postfach finde, nur weil ich gestern ein Objektiv bestellt habe. Ebenso wenig wundert es mich, wenn morgen Anzeigen für Bondageseile auftauchen, nachdem ich heute Handschellen gegoogelt habe.
Doch wie sieht es aus, wenn wir die Sache auf die nächste Stufe heben? Ist es wirklich bloßer Zufall, dass meine Partnerin am selben Abend Werbung für einen Online-Zitrusfruchthändler in ihrem Facebook-Feed entdeckt, nachdem wir uns am Nachmittag in einer vollkommen alexafreien Zone unseres Hauses auf der Couch unterhalten haben? Ein analoges Gespräch, wohlgemerkt, über den neuen Obststand vor dem Baumarkt, der angeblich jede Woche frisch importierte Orangen aus Sizilien verkauft.
Kein Smartphone war aktiv, kein Mikrofon eingeschaltet, keine Suchmaschine bemüht. Und dennoch tauchte die Werbung auf – als hätte unser Gespräch es selbst hinaus in die digitale Welt getragen.
Es ist ein seltsames Gefühl. Ein bisschen wie Magie, nur dass es eher ein beunruhigender Zauber ist, der sich über unser Leben legt. Die Frage bleibt: War es tatsächlich nur Zufall, oder ist der gläserne Mensch längst Realität, selbst dort, wo wir uns eigentlich sicher fühlen sollten?
In einer Zeit, in der Algorithmen unser Verhalten so genau vorhersagen, dass sie fast schon Gedanken lesen können, stellt sich die Frage: Sind wir noch Herr über unsere Privatsphäre? Oder sind wir längst Protagonisten in einem Theaterstück, das von Datenkraken inszeniert wird – ohne dass wir es merken?
Manchmal frage ich mich: Kann man den Zufall noch genießen, oder ist selbst er mittlerweile verdächtig?
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