Wer erinnert sich noch an das Gefühl, im echten Leben auf jemanden zuzugehen und zu sagen: „Darf ich dich auf ein Getränk einladen?“ – das Herz klopft, der Magen zieht sich zusammen, aus Angst, die Antwort könnte nicht den Erwartungen entsprechen. Und dann diese Zeit danach, in der man den Mut sammeln muss, es erneut zu versuchen – aus Respekt vor der Möglichkeit, wieder eine Abfuhr zu erhalten.
Ich gehöre zu denjenigen, die ihre Partnerin (und heute, nach 27 Jahren, geliebte, geachtete und geschätzte Ehefrau) noch in der Disco kennengelernt haben. Zugegeben, das ist vielleicht auch nicht der Stoff, aus dem Romane gemacht sind – aber es war echt, es war authentisch.
Heute scheint es, als würden grundlegende Werte wie Respekt, Ehrlichkeit und Treue an Bedeutung verlieren. Stattdessen sitzen viele stundenlang vor dem PC oder am Smartphone, süchtig nach kleinen Komplimenten, Flirts und Schmeicheleien, um das eigene Selbstwertgefühl aufzupolieren. Über digitale Kanäle, Leitungen und WLAN fühlen wir uns kurzzeitig mit vermeintlich so wundervollen Menschen verbunden. Doch wenn uns jemand nicht gefällt, drücken wir einfach einen Knopf – und schon steht die nächste Person bereit.
Wir lassen andere ein wenig an uns heran, bis sie vielleicht zu nah kommen (Hilfe!) oder etwas sagen, das uns nicht passt. Und dann? Ein Klick, und tschüss. Der nächste Mensch aus der Matching-Liste wartet schließlich schon.
Selbst wenn man jemanden findet, sich darauf einlässt und es wagt, die digitale Welt zu verlassen und die reale zu betreten, bleibt oft ein Restzweifel. Man genießt die Begegnung, fühlt sich glücklich, und doch geht man später wieder online. Wer weiß, vielleicht wartet dort ja noch etwas Besseres – jemand, der schöner, passender, perfekter ist.
Wir halten uns ständig eine Hintertür offen, aus Angst, etwas zu verpassen. Doch während wir so suchen, verpassen wir vielleicht das Wichtigste: das Beste, das wir längst gefunden haben – ohne es zu merken. Und am Ende geht es still und leise, während wir weiter auf den Bildschirm starren.
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