Warum halten BDSM-Beziehungen nicht?
Gedanken von mir mir zu einer Diskussion auf einer anderen Plattform, basierend auf der Frage einer Userin:
„Warum halten BDSM-Beziehungen nicht?
Ich bin jetzt schon eine Weile in der Szene unterwegs und stelle immer wieder fest, dass Paare in diesem Bereich oft nur sehr kurz zusammenbleiben.
Warum ist das so?
Weil man nur eine Spielbeziehung sucht?
Weil Dom keine wahren Gefühle zulässt?
Weil Sub zu wenig zulässt?“
Pauschalisierte Frage
Ich halte diese Fragestellung für zu allgemein formuliert. Es ist ähnlich wie bei Stereotypen: Es gibt Männer, die nach dem Weg fragen, und Frauen, die besser einparken. Was ich damit sagen will: Als jemand, der schon einige Stammtische besucht hat, kann ich bestätigen, dass es BDSM-Beziehungen gibt, die sehr wohl funktionieren – und das oft weit über die durchschnittliche Dauer „normaler“ Ehen hinaus.
Wenn eine Beziehung – unabhängig davon, ob BDSM oder „vanilla“ – zerbricht, liegt das meist daran, dass die Erwartungen der Beteiligten nicht zusammenpassen. Natürlich ist dies im BDSM-Kontext oft komplexer, da man etwas sucht, das in gewisser Weise gegensätzlich ist: ein Puzzlestück, das durch seine Unterschiedlichkeit perfekt ergänzt und ein Ganzes ergibt.
Warum ist das so?
Die weiteren Fragen, die du anführst, decken einige mögliche Gründe ab. Aber wie bei jeder Beziehung gibt es eine Vielzahl an Ursachen, ergänzt durch Herausforderungen, die speziell mit der BDSM-Dynamik verbunden sind.
BDSM-Beziehungen basieren oft auf einer viel tiefergehenden Ebene als gewöhnliche Partnerschaften. In der Liebe reicht es, einen Platz im Herzen des anderen zu finden. Beim BDSM, vor allem in einer echten Beziehung (nicht in bloßen Spielsituationen), gibt man einen Blick in die eigene Seele frei. Das macht einen wesentlich verletzlicher. Vertrauen und gegenseitiger Respekt sind daher essenziell, und jeder Schritt muss mit Bedacht und Achtsamkeit gewählt werden.
„Weil man nur eine Spielbeziehung sucht?“
Das allein sehe ich nicht als Grund für ein Scheitern. Es geht hier vielmehr um die Erwartungen. Wenn sich zwei Menschen bewusst auf eine reine Spielbeziehung einlassen und dies für beide passt, ist das kein Problem. Im Gegenteil: Solche Beziehungen können funktionieren, weil man den Alltag nicht miteinander teilt, sondern sich gezielt trifft, um diesem zu entfliehen und sich selbst zu spüren.
Problematisch wird es, wenn sich die Beziehung entwickelt und einer der Partner mehr will als das vereinbarte Spiel. Gefühle lassen sich nicht immer kontrollieren, und wenn die Erwartungen plötzlich auseinandergehen, entsteht Konfliktpotenzial. Deshalb ist es wichtig, von Anfang an offen und ehrlich über Wünsche und Grenzen zu sprechen. Nur so kann jeder für sich entscheiden, ob er diesen Weg gehen will – auch auf die Gefahr hin, enttäuscht zu werden.
Für verheiratete Personen, die innerhalb einer toleranten und offenen Beziehung unerfüllte Neigungen ausleben, kann es zudem schwierig sein, das passende Gegenstück zu finden. Besonders, wenn „nur“ eine exklusive Spielbeziehung gesucht wird. Eine Beziehung mit Singles birgt oft das Risiko, dass irgendwann der Wunsch nach mehr Beständigkeit entsteht – etwas, das der verheiratete Partner nicht bieten kann. Umgekehrt wächst bei Singles häufig aus einer Spielbeziehung der Wunsch nach einer tiefen, festen Partnerschaft.
„Weil Dom keine wahren Gefühle zulässt?“
Ein Dom, der keine wahren Gefühle zulässt, ist für mich kein Dom.
Die Frage lässt allerdings Interpretationsspielraum: Geht es darum, dass der Dom seine Gefühle gegenüber der Sub nicht zulässt? Oder darum, dass er die Gefühle der Sub unterdrückt?
Was macht einen Dom aus? Sicher nicht die Lederhose oder die Peitsche in der Hand. Es gibt weder „den perfekten Dom“ noch „die perfekte Sub“. Doch ein Dom, der erwartet, dass sich die Sub ihm bedingungslos hingibt, muss sich dieses Vertrauens würdig erweisen – und zwar kontinuierlich. Ohne Vertrauen, ohne Gefühle und ohne gegenseitiges Verständnis kann eine solche Beziehung nicht funktionieren.
Gefühle sind dabei entscheidend. Nur so kann ein Dom die Körpersprache seiner Sub lesen, ihre Bedürfnisse erkennen und ihre Blicke verstehen. BDSM ohne Gefühle ist wie Suppe ohne Salz – eine flache und fade Erfahrung, der die Tiefe fehlt.
„Weil Sub zu wenig zulässt?“
Hier kommen wir wieder auf die Erwartungen zurück. Was erwartet der Dom? Und was ist die Sub bereit zu geben?
Natürlich können Wünsche und Vorstellungen auseinandergehen, besonders angesichts der Vielfalt der BDSM-Praktiken. Doch ist das nicht in jeder Beziehung so? Der eine möchte in die Berge, die andere ans Meer – also trifft man sich in der Mitte, beispielsweise am Gardasee. Kompromissbereitschaft ist der Schlüssel zu jeder stabilen Beziehung.
Im BDSM gibt es jedoch eine besondere Dynamik. Die vielfältigen Möglichkeiten, sich selbst und den anderen neu zu entdecken, bieten Raum für Entwicklung. Unter der Voraussetzung von Vertrauen können Grenzen behutsam verschoben werden.
Es liegt am Dom, die Sub nicht zu zwingen, mehr zuzulassen, sondern in ihr das Verlangen zu wecken, dies aus freien Stücken zu wollen. Das geschieht nicht durch Druck oder Strafe, sondern durch seine persönliche Wirkung und Tiefe. Letztlich möchte jede Sub spüren, dass sie seine „fast perfekte Sub“ ist – und dieses Gefühl entsteht nur durch gegenseitiges Verständnis und Respekt.
Fazit
Warum halten BDSM-Beziehungen nicht? Die Gründe dafür sind genauso vielfältig wie bei jeder anderen Beziehung. Es kommt letztlich darauf an, wie gut die Erwartungen und Bedürfnisse der Partner miteinander harmonieren. Hinzu kommen die Herausforderungen, die eine BDSM-Dynamik mit sich bringt: tiefes Vertrauen, gegenseitiger Respekt und emotionale Offenheit.
Wenn diese Grundvoraussetzungen erfüllt sind, kann eine BDSM-Beziehung nicht nur stabil sein, sondern auch besonders intensiv und bereichernd wirken – manchmal sogar über Jahrzehnte hinweg.
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